Achtsamkeit Woche 30 – abgrenzen und verteidigen

Abgrenzen und verteidigen – was für ein großes und komplexes Thema. Das Wichtigste für mich war und ist, dass ich lerne meinem Gespür für Grenzen (wieder) zu vertrauen, indem ich auf meinen Körper und seine unmittelbare Rückmeldung höre. Der (konditionierte) Verstand steht leider oft im Widerspruch zu den körperlichen Empfindungen. Jedes Mal wenn ich meine Grenzen nicht achte, fühle ich mich ausgeliefert und wehrlos und doch ist es einerseits auch wichtig über seine Grenzen zu gehen um zu wachsen. Die Grenze der Unversehrtheit ist aber eine andere Grenze als die Grenze der eigenen Komfortzone, wobei die Grenzen zusammenhängen. Je unsicherer ich mich in der Bewahrung meiner Integrität fühle, desto schwerer wird es mir fallen Grenzen, die bei Überwindung Wachstum fördern, zu überwinden.
Werden die Grenzen der Unversehrtheit übertreten, das kann ganz real, aber auch rein im Gedanken geschehen indem eine alte Verletzung berührt wird, schaltet der Mensch im besten Fall naturgemäß auf Kampf oder Flucht.
Das Verteidigen ist demnach ein Schutzmechanismus. Wurden Grenzen der Integrität jedoch immer und immer wieder übertreten, ist es so wie mit einer kaputten Alarmanlage. Entweder geht sie bei jeder kleinsten Bewegung los oder sie fällt ständig aus bzw. sie wechselt zwischen den beiden Extremen.
Wenn wir also etwas vehement verteidigen, hat das meiner Meinung nach so gut wie nie mit dem betroffen Gegenstand bzw. mit der jetzigen Situation an und für sich zu tun, sondern viel mehr mit einem Gefühl der Machtlosigkeit.
Um wieder ein gutes Gespür für die eigenen Grenzen zu bekommen, sind innere Bilder sehr hilfreich. Wie groß ist dein geschützer Raum? (wie ein Zimmer, ein Haus, ein Ort, ein Land…) Gibt es eine Abgrenzung? (Mauern, Zäune…) Wie sieht diese Abgrenzung aus? Wer darf in diesen geschützten Raum und wie gelangt er/sie dorthin? Gibt es eine Möglichkeit Kontakt aufzunehmen (eine Klingel, ein Telefon…) Gibt es ein Türschild? Gibt es jemanden, der dir hilft diese Grenzen zu wahren (ein Tier, ein Fabelwesen, ein Menschen…) Wie sieht dieses Tier/Fabelwesen, dieser Mensch aus? Wie reagiert er/sie/es, wenn Grenzen überschritten werden? Kann man ihr/ihm jemanden zur Seite stellen, der ihr/ihm hilft diese Grenzen zu wahren? Je bunter und detailierter die Vorstellung, desto besser.
Klarheit über die eigenen Grenzen zu gewinnen, hilft nicht nur uns selbst, es gibt auch unseren Mitmenschen Sicherheit, wenn wir (wieder) lernen ein klares Nein oder Ja zu formulieren.
Achtsamkeit ist insofern hilfreich um sich seiner Grenzen erstmals bewusst zu werden. Die Haltung der Achtsamkeit (beobachten ohne zu bewerten) empfinde ich als sehr hilfreich, besonders weil das Wahren der Grenzen oftmals sehr angstbesetzt ist. Die Hauptfragen lauten:“Bin ich in Ordnung, wenn ich meine Grenzen wahre?“ „Werde ich noch geliebt, wenn ich meine Grenzen wahre?“
Das Beitragsbild hat meine Tochter gezeichnet. Der Bär ist der Grenzwächter und die Schmetterlinge helfen ihm, da der Bär mitunter sehr stürmisch sein kann wenn es um die Bewachung des eigenen Raumes geht. Was in erster Linie auch gut und richtig ist. Die Schmetterlinge sind die Berater des Bären, aber der Bär ist auch Berater der Schmetterlinge, weil die Schmetterlinge manchmal sehr zaghaft sein können. Sie sind sozusagen ein Team. Als Abgrenzung dient ein Gartenzaun. Es gibt ein Gartentor und eine Klingel. Meine Tochter wollte mich unbedingt in ihrem Raum haben, hat aber trotzdem eine kleine Abgrenzung für mich gezeichnet. Je kleiner die Kinder sind, desto mehr sehen sie sich als Teil der Bezugsperson(en). Erst mit zunehmendem Alter empfinden sie sich als eigenständige Persönlichkeiten.
Unter der Kategorie Achtsamkeitschallenge findet ihr die vorangegangenen Beiträge.
Die Leseprobe mit allen Übungen gibt es hier
TIPP: Ein Jahresprojekt „Achtsam durch den Tag“ (wie meine Achtsamkeitschallenge) und viele verschiedene Links zum Thema Achtsamkeit findet ihr bei widerstandistzweckmässig
Zitat: Quelle